Das Vorstellungsgespräch nachbereiten
Nach dem Vorstellungsgespräch haben Sie die größte Hürde hinter sich gelassen. So weit, so gut. Ein paar Schritte fehlen aber noch, um diese letzte Phase der Bewerbung sauber zum Abschluss zu bringen. Dass Projekte nach dem großen “Happening” ohne Nachbereitung fallen gelassen werden, ist ein typischer methodischer Fehler in der Projektarbeit – oft genug befördert durch Frust, falsche Siegessicherheit oder schlichtweg Erschöpfung.
Dabei ergeben sich gerade aus der Nachbereitungsphase die ergiebigsten Aufschlüsse zur Professionalisierung des eigenen Verhaltens. Souveränität im Gespräch entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Entscheidend ist die Grundhaltung, (Miss-)Erfolgserlebnisse als Erfahrungsgewinn zu verbuchen und Lehren für künftiges Verhalten daraus zu ziehen. Nach dem Vorstellungsgespräch ist vor dem Vorstellungsgespräch. Und jedes Gespräch, das Sie durchlaufen, liefert Ihnen Brennstoff für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Folgende Schritte kommen zur Nachbereitung eines Vorstellungsgesprächs in Betracht:
Gesprächsreflexion
Lassen Sie das gesamte Gespräch noch einmal Revue passieren und halten Sie Ihre Eindrücke schriftlich fest, z . B. im Bewerbungskalender oder auf einem separaten Blatt, das Sie in Ihrem Bewerbungsordner archivieren. Tun Sie dies am besten mit ein, zwei Tagen Abstand zum Gespräch, aber lassen Sie sich nicht zu viel Zeit, damit die Details der Unterhaltung noch im Gedächtnis präsent sind.
Es ist hilfreich, die eigenen Beobachtungen mit aussagekräftigen Zitaten zu ergänzen. Wenn Sie nach einigen Wochen Ihre Notizen wieder zur Hand nehmen und lesen “Interviewer kritisiert Unterlagen”, dann können Sie wahrscheinlich nicht mehr viel damit anfangen. Unmissverständlich ist dagegen die Aussage “Sie haben doch Praktika gemacht … warum erscheinen die dann nicht im Lebenslauf?!”
Formular zur Reflexion eines Vorstellungsgesprächs Bewerbungsgkalender
Im Wesentlichen geht es darum, festzustellen:
- wie Sie sich präsentiert haben:
- Welche Fragen/ Situationen haben mich verunsichert?
- Konnte ich wahrnehmen, dass sich meine Unsicherheit auf mein Verhalten übertragen hat (verbal/ nonverbal)?
- Gab es Themen, die Nachfragen provoziert haben (z. B. erklärungsbedürftige Lebenslaufstationen)?
- Gab es einen Moment, an dem die Stimmung gekippt ist?
- Habe ich etwas Wichtiges vergessen zu erwähnen?
- Welche Aussagen oder Fragen meinerseits, haben besonders positive oder negative Reaktionen hervorgerufen (verbal oder nonverbal)?
- Habe ich direktes Feedback zum Gespräch oder meinen Bewerbungsunterlagen erhalten?
- Schlussendlich: Was unternehme ich, um auf das nächste Vorstellungsgespräch besser vorbereitet zu sein?
- wie sich der Arbeitgeber präsentiert hat:
- Wie war der Zustand von Haus/ Mobiliar/ Dienstfahrzeugen?
- Wie informativ war die Vorstellung des Unternehmens? Wurden Informationsmaterialien ausgehändigt?
- Haben sich Widersprüche in den Aussagen ergeben (z. B. zur Stellenanzeige)?
- Gab es Bewerberfragen, die unklar, ausweichend oder beschwichtigend beantwortet wurden?
- Waren die Interviewer/ Mitarbeiter repräsentativ gekleidet?
- Sind die Konditionen attraktiv?
- Im Verhandlungsfall: Ist Kompromissbereitschaft erkennbar gewesen oder wurde eine „harte Linie gefahren“?
- Wie war das Gesprächsklima/ der Umgangston?
- Hat mich sonst etwas gestört oder beeindruckt?
- Schlussendlich: Wie ist mein Gesamteindruck? Kann ich mir mit diesen Menschen und unter diesen Bedingungen eine Zusammenarbeit vorstellen?
Dankschreiben
Das Versenden von Dankschreiben ist noch nicht sehr verbreitet – aber gerade deshalb eine interessante Option, um sich der Personalabteilung noch einmal in Erinnerung zu rufen.
Eine Danksagung gehört auch in der geschäftlichen Kommunikation zum guten Ton. Das hat nichts mit Aufdringlichkeit oder Schmeichelei zu tun! Schließlich haben Sie mindestens zwei gute Gründe, sich zu bedanken: mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch haben Sie nicht nur einen Vertrauensvorschuss erhalten, sondern auch die Gelegenheit, an einer neuen Erfahrung zu wachsen.
Ihr Dankschreiben versenden Sie am besten am Folgetag des Vorstellungsgesprächs in Form einer kurzen Email, die Sie an Ihren Ansprechpartner aus dem Vorstellungsgespräch adressieren. Das könnte dann z. B. so aussehen:
Guten Tag Herr Mustermann,
vielen Dank für das angenehme Gespräch zusammen mit Frau Müller. Im Laufe des Auswahlverfahrens habe ich einen durchweg positiven Eindruck von Ihrem Unternehmen gewonnen und würde mich freuen, die Muster GmbH als Projektassistent zu unterstützen. Im Anhang finden Sie noch ein paar Referenzen, die gut zum Profil der Tätigkeiten passen, über die wir gestern gesprochen haben. Unabhängig von Ihrer Entscheidung möchte ich mich bei Ihnen für das bisher entgegengebrachte Vertrauen bedanken. Dass ich mein Mineralwasser nicht ausgetrunken habe, ist natürlich auf unsere angeregte Unterhaltung zurückzuführen :-)
P. S.: Könnten Sie mir bei dieser Gelegenheit vielleicht mitteilen, wo und in welcher Form ich die Fahrtkosten in Rechnung stellen kann?
Ich wünsche Ihnen schon jetzt ein schönes Wochenende und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Zusammen mit Ihrer Danksagung können Sie
- Ihr (Des-)Interesse an der Stelle bekunden – denn nach einem Gespräch steht die Frage im Raum, ob die Stelle für den Bewerber weiterhin attraktiv ist
- Informationen nachreichen, bspw. eine Referenz, die gut zum besprochenen Aufgabenfeld passt
- Feedback geben, etwa zur Gesprächsführung oder zum Bewerbungsprozess
- Fragen stellen, die Ihnen nachträglich noch eingefallen sind sind (z. B. zu vertraglichen Konditionen oder zur Abrechnung von Reisekosten)
Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es sich um eine 08/15-Copy&Paste-Nachricht handelt, sollten Sie wenigstens in einem Nebensatz Bezug auf einen (vielleicht amüsanten) Gesprächsmoment nehmen. Auf umständliche Rechtfertigungen sollten Sie lieber verzichten – das wirkt verbissen und zeigt nur, dass Sie Ihren Fehltritt nicht sportlich nehmen können.
Nachfassen und Feedback einholen
Natürlich möchten Bewerber möglichst schnell wissen, woran Sie sind. Aber Bewerbungsverfahren beanspruchen Zeit und ehe der Bewerber Rückmeldung vom Unternehmen bekommt, können schon mal ein paar Wochen vergehen.
Nach einem Vorstellungsgespräch kontaktiert in der Regel das Unternehmen den Bewerber – auch im Fall einer Absage. Es ist also zunächst mal ratsam, geduldig abzuwarten – mindestens zwei Wochen, wenn Ferien oder Feiertage dazwischen liegen auch schon mal länger. Am besten haben Sie sich natürlich schon im Gespräch sagen lassen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.
Ist diese Frist seit einigen Tagen verstrichen, sollten Sie Erkundigungen über den Status Ihrer Bewerbung einholen – im Bewerberjargon spricht man von sog. “Nachfassaktionen”. Die sind nicht nur nach dem Vorstellungsgespräch legitim, sondern auch wenn Sie nach einer Schriftbewerbung auf Rückmeldung warten.
Zum Nachfassen ist ein Telefonat besser geeignet als eine Mail – damit erhalten Sie unmittelbare Rückmeldung über den Stand Ihrer Bewerbung und Sie können im Falle einer Absage gleich ein Feedback einfordern. Dazu kommt, dass schriftliche Rückmeldungen generell verhaltener ausfallen als im Zwiegespräch. Das liegt – aus der Unternehmerperspektive betrachtet – vor allem an der Gefahr, dass ein Bewerber damit einen mutmaßlichen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nachweisen könnte.
“Muster GmbH, Personalabteilung, Sie sprechen mit Christina Müller, guten Tag!”
“Max Muster, guten Tag Frau Müller! Ich hatte vor gut drei Wochen bei Ihnen ein Vorstellungsgespräch für die Stelle als Außendienstmitarbeiter und ich wollte mich mal nach dem Stand meiner Bewerbung erkundigen.”
“Herr Muster, ja ich erinnere mich. Der Bewerbungsprozess für diese Stelle ist seit gestern beendet. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir uns dabei für einen anderen Bewerber entschieden haben. Tut mir leid. Eine entsprechende Mitteilung an unsere Bewerber werden wir noch diese Woche versenden.”
“Ah, das ist schade. Könnten Sie mir vielleicht sagen, warum Ihre Wahl nicht auf mich gefallen ist?”
“Ja natürlich … zunächst mal möchte ich sagen, dass wir Sie als sehr aufgeschlossenen Kandidaten kennengelernt haben, mit hoher fachlicher und sozialer Kompetenz. Das hat uns gut gefallen und wir haben Sie auch in die engere Auswahl gezogen. Ausschlaggebend war aber letztlich Matching Ihres Bewerberprofils zum Stellenprofil. Da die Stelle auch vertriebliche Anteile beinhaltet, haben wir uns am Ende für jemanden entschieden, der diesbezüglich schon Erfahrungen mitbringt.”
“Verstehe, naja gut, dann nehme ich das mal so zur Kenntnis. War trotzdem eine Erfahrung wert! Vielen Dank dafür, auch für die Rückmeldung von eben.”
“Gern geschehen, ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg bei der Jobsuche.”
“Ja, vielen Dank, Frau Müller, auf Wiederhören.”
“Auf Wiederhören, Herr Muster.”
Halten Sie Stift und Zettel bereit, um Ihr Feedback entgegenzunehmen und denken Sie an die Feedbackregeln: hören Sie aufmerksam zu, rechtfertigen Sie sich nicht und bedanken Sie sich anschließend für die Rückmeldung. Versuchen Sie in jedem Fall ein fairer Verlierer zu sein – denn wer weiß, vielleicht möchten Sie sich ja in Zukunft um eine andere Stelle bei diesem Unternehmen bewerben.
Einen Anspruch auf aussagekräftiges Feedback haben Sie allerdings nicht. Machen Sie sich klar, dass es nicht zur Aufgabe des Personalers gehört, Sie zu coachen. Fragen kostet zwar nichts, aber Sie sollten sich darauf einstellen, dass man Ihre Frage in den meisten Fällen mit einer vagen Absagefloskel erwidert.
Reisekostenabrechnung
Vielfach wird außer Acht gelassen, dass eine Erstattung von Reisekosten gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden kann. Voraussetzung ist, dass eine Erstattung nicht bereits im Vorfeld des Bewerbungsgesprächs ausgeschlossen worden ist. Die Geltendmachung der Reisekosten erfolgt schriftlich unter Nachweis der tatsächlich angefallen Kosten oder per Kilometerpauschale, wenn die Anreise mit dem Privatfahrzeug erfolgt ist. Formulierungsbeispiele, um Reisekosten schriftlich in Rechnung zu stellen, finden Sie hier:
Reisekostenerstattung