Standard-Fragen im Vorstellungsgespräch
Die Vorbereitung auf Interviewfragen gehört zu den Standardstrategien eines Bewerbers. Zwar lässt sich ein Bewerbungsgespräch nicht bis ins letzte Detail planen, aber meist orientiert sich der Verlauf an Fragen, die zumindest absehbar sind. Viele Bewerber schieben Panik vor dem Gespräch, weil Sie nicht genau wissen, was auf Sie zukommt. Wer sich schon im Vorfeld mit typischen Fragen auseinandersetzt, gewinnt nicht nur an Souveränität, sondern zeigt auch methodisches Verständnis. In vielen Jobs gehört die Vorbereitung von Gesprächsterminen ohnehin zum Tagesgeschäft.
Das Interview gibt auch in aufwändigen Auswahlverfahren oft den Ausschlag für oder wider einen Kandidaten. Bewerbungsunterlagen, Tests und Teamaufgaben verraten dem Personaler nur bedingt, mit wem er es zu tun hat. Das Interview gewährt tiefere Einblicke in die Biografie, Werte und Motive des Bewerbers. Und es offenbart seine kognitiven und sozialen Fähigkeiten in der unmittelbaren Interaktion. Um die fachliche Eignung geht es dabei nur an der Oberfläche.
Zentrale Fragen vorwegnehmen
Aus Sicht des Interviewers gibt es Fragen, die so naheliegen, dass der Bewerber ungefragt darauf eingehen sollte. Wenn Sie im Restaurant essen gehen, wollen Sie ja auch, dass der Kellner kommt, ohne dass Sie ihn an den Tisch zitieren müssen. Im Bewerbungsgespräch übernehmen Sie die Rolle des Kellners: Sie müssen liefern. Und die Empfehlung des Tages sind Sie selbst. Vordergründig stehen für den Interviewer zwei Fragen im Raum:
- Warum sollten wir Sie nehmen?
- Warum wollen Sie zu uns?
Das Gespräch dreht sich also grundsätzlich also um Ihre Eignung und Ihre Motivation. Beide Fragen nehmen Sie am besten mit einer sog. Bewerberstory vorweg, die Sie im Zuge Ihrer Selbstvorstellung auf den Tisch bringen.
Mit der Bewerberstory nehmen Sie Fragen vorweg, die Ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit gestellt werden, wenn Sie sich in der Selbstvorstellung nicht dazu äußern, z. B.
Warum glauben Sie für die Stelle / die Ausbildung geeignet zu sein? Was haben Sie gelernt? Welche praktischen Erfahrungen konnten Sie diesbezüglich sammeln?
Die wichtigste Frage von allen. Einschlägige Erfahrung ist das wichtigste Verkaufsargument eines Bewerbers. Gewiss – man hätte Sie nicht eingeladen, wenn man Sie für ungeeignet befunden hätte. Aber man möchte aus Ihrem Munde hören, dass Sie sich mit den Anforderungen der Stelle befasst haben und eine Passung zum eigenen Lebenslauf sehen.
Was haben Sie in Ihrer Position als … gemacht?
Verbales Jonglieren mit Postionen und Abschlüssen bleibt ohne Tätigkeitsbeschreibung nur heiße Luft. Zum Nachweis von Fach- und Schlüsselqualifikationen müssen Sie konkret werden. Werfen Sie einen Blick in die Arbeitszeugnisse, wenn Sie Formulierungsschwierigkeiten haben. Als Student können Sie Praktika, Projekte oder Abschlussarbeiten ins Feld führen.
Welcher Tätigkeit gehen Sie aktuell nach?
Diese Frage wird gestellt, um zu erfahren wie aktuell Ihre Berufserfahrungen sind oder ob Sie überhaupt einem geregelten Tagesablauf nachgehen. Wer arbeitslos ist, sollte nicht bei dieser Feststellung stehen bleiben, sondern z. B. die Zahl der bisherigen Bewerbungen nennen, um möglichen Vorurteilen zu begegnen.
Warum haben Sie sich gerade bei uns beworben?
Eine klassische Frage, um die Entscheidungsfähigkeit des Bewerbers auf die Probe zu stellen. Wenn Sie “keinen besonderen Grund” vorbringen können, heißt das, dass Sie wichtige Entscheidungen nicht priorisieren. Gemeint sind Faktoren, die Sie zu diesem Unternehmen hintreiben, z. B.
- ein gutes Matching zwischen Stellen- und Bewerberprofil
- familäre Verbindungen zum Unternehmen
- ein bereits absolviertes Praktikum im Unternehmen
- vielversprechende Einblicke am Tag der offenen Tür
- ansprechendes Informationsmaterial
Arbeitnehmerfrage: Warum möchten Sie die Stelle wechseln?
Eine artverwandte Frage zur vorherigen, mit dem Unterschied, dass Faktoren gemeint sind, die Sie von Ihrem bisherigen Unternehmen wegtreiben, bspw.
- familiäre Gründe
- gesundheitliche Gründe
- fehlende Entwicklungsperspektiven
- Vertragskonditionen
- die Tätigkeit selbst
- Pendelstrecke
- strukturelle oder personelle Veränderungen
Passen Sie auf, dass Sie keine Opferperspektive einnehmen oder sich diffamierend über Vorgesetzte oder Kollegen äußern, sonst wird man Ihre Teamfähigkeit oder Loyalität in Zweifel ziehen.
Schülerfrage: Was wissen Sie über Ihren Wunschberuf?
Zeigen Sie, dass Sie sich beruflich orientiert haben! Wer nicht Bescheid weiß über Arbeitsorte, Tätigkeiten und Werkzeuge, sagt indirekt, dass er vielleicht bald doch was anderes machen möchte, weil es “nicht seinen Vorstellungen entspricht.”
Schülerfrage: Welche Fächer in der Schule liegen Ihnen besonders? Welche nicht?
Gute Leistungen in berufsrelevanten Fächern sind ein Argument für Ihre Eignung – klar. Trotzdem geht es nicht nur darum, Talentfächer zu benennen sondern auch solche, die Ihnen mehr abverlangt haben als andere. Wenn Sie plausibel machen können, dass Sie Widerständen mit Leistung begegnet sind, können Sie Ihre Frustrationstoleranz untermauern und schlechte Noten in ein besseres Licht rücken.
Schülerfrage: Warum möchten Sie gerade diesen Beruf ausüben?
Abseits von Ihrer Eignung wird man auch Ihrer Motivation auf den Zahn fühlen. Woher rührt Ihr Interesse für diesen Beruf? Was daran “erfüllt” Sie? Und in welchen konkreten Situationen konnten Sie diese Erfahrung bereits machen? Zum Beispiel
- als Maler: “Ich sehe gerne, was ich geleistet habe. Zusammen mit meinem Bruder habe ich schon die Garage gestrichen.”
- als Krankenschwester: “Ich kümmer’ mich auch um meine Geschwister, wenn die Eltern nicht da sind. Ich mag es, anderen Menschen zu helfen.”
- als Kfz-Mechatroniker: “Ich tüftel gerne an meinem Roller. Das ist ein gutes Gefühl, wenn zum Schluss alles geht.”
Wenn Sie Ihre Motivation nicht benennen können, drängt sich der Verdacht auf, dass extrinsische Motive hinter Ihrer Entscheidung stehen, z. B. die Eltern, die Tante vom Arbeitsamt oder die Tatsache, dass Sie gerade nichts Passenderes gefunden haben.
Personaler greifen je nach Zielgruppe und Charakter des Lebenslaufs auf ein bestimmtes Repertoire an Fragen zurück. Fragen, die auf Ihren Bewerbertyp zutreffen, sollten Sie am besten stichpunktartig beantworten und wiederauffindbar ablegen, damit für zukünftige Gespräche das Rad nicht noch mal komplett neu erfinden müssen.
Allgemeine Fragen vorbereiten
Wo sehen Sie Ihre Stärken?
Variante: Was können Sie besonders gut? Was machen Sie Ihrer Ansicht nach besser als andere Bewerber? Von welcher Ihrer Eigenschaften könnten wir am meisten profitieren? Mit welchen positiven Eigenschaften würden Ihre Freunde/ Kollegen Sie beschreiben?
Die Frage nach den eigenen Stärken kann in fachlicher und/ oder überfachlicher Hinsicht beantwortet werden. Fachliche Stärken betreffen das berufliche KnowHow, d. h. durch tägliche Praxis gefestigtes Wissen, aber auch Nischenkenntnisse, die Sie womöglich als einziger Bewerber mitbringen (“Alleinstellungsmerkmale”). Überfachliche Stärken umfassen persönliche Eigenschaften, Methodenwissen und Sprachkenntnisse.
Neben einer Selbsteinschätzung helfen Ihnen auch qualifizierte Arbeitszeugnisse bei der Beantwortung dieser Frage. Denken Sie auch an das Feedback in Teamsituationen oder Mitarbeitergesprächen. Behalten Sie aber immer die Anforderungen der Stelle im Blick – es hilft nichts, wenn Sie als Büroassistent Ihr handwerkliches Geschick anpreisen.
Selbsteinschätzung
Stärken-Schwächen
Selbsteinschätzung
überfachliche Kompetenzen
Selbsteinschätzung
Fachkompetenzen
“Ja, meine Stärken … ich würde sagen: Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit.”
Dieser Bewerber langt völlig daneben:
- “ich würde sagen” klingt schon mal wie aus der Luft gegriffen
- als Stärken führt er Selbstverständlichkeiten an – eine Selbstreflektion hat offenbar gar nicht stattgefunden
- die Stärken werden nicht mit Beispielen konkretisiert
“Im Bereich der technischen Redaktion gehören Beschallungs- und Lichtanlagen zu meinem Spezialgebiet. Ich hab 3 Jahre lang Dokumentationen für Endanwender verfasst – auch in Englisch. Von daher weiß ich, wie man Informationen strukturiert aufbereitet und zielgruppengerecht die Perspektive wechselt. Davon abgesehen, hab ich jetzt schon häufiger die Rückmeldung bekommen, dass ich ein gutes Händchen für den Umgang mit Kunden habe – sowohl von Kollegen als auch von Vorgesetzten.”
Dieser Bewerber macht es besser:
- er schildert nachvollziehbar seine fachlichen und persönlichen Stärken
- er bezieht sich auf Rückmeldungen aus seinem Arbeitsumfeld
- einzig seine Kundenorientierung könnte er noch an einem konkreten Beispiel veranschaulichen – hier würde der Personaler wahrscheinlich nachhaken
Wo sehen Sie Ihre Schwächen?
Variante: Wo stoßen Sie an Ihre Grenzen? Mit welchen negativen Eigenschaften würden Ihre Freunde/ Kollegen Sie beschreiben?
Analog zur Stärkenfrage enthält auch die Schwächenfrage eine fachliche und persönliche Dimension. Diese Frage wird besonders gern gestellt, um zu sehen, wie realistisch die Selbstreflektion des Bewerbers ist und ob er Bereitschaft zeigt, an seinen Schwächen zu arbeiten. Wer es geschickt anstellt, kann seine Schwäche auch als Stärke verkaufen.
“Schwächen? Nein, Schwächen wüsst’ ich jetzt keine, bei mir läuft’s eigentlich immer. Sonst würde ich ja nicht dort stehen, wo ich jetzt stehe.”
Die Schwäche dieses Bewerbers, besteht schon mal darin, dass er einen blinden Fleck für die eigenen Schwächen hat. Wer diese Schönrednerei mit in den Arbeitsalltag nimmt, ist schon ein potenzielles Risiko für den Erfolg einer Unternehmung.
“Naja, was das Fachliche angeht, da stoße ich bei der objektorientierten Programmierung schon noch an meine Grenzen. Ein paar Tutorials habe ich schon durchgearbeitet und ich verstehe das Grundkonzept, aber im Moment fehlt mir da noch die praktische Erfahrung. Ja, und was mich betrifft, ich ziehe mich zum Arbeiten manchmal sehr stark zurück, das sieht dann für andere vielleicht so aus, als würde ich mich rausziehen, aber ich brauche einfach eine gewisse Isolation, um mich zu fokussieren.”
Dieser Bewerber zeigt, dass er sein fachliches Defizit erkannt hat und daran arbeitet. Eine vermeintliche Schwäche kann er mit einer Stärke kontern.
Wo sehen Sie sich beruflich in fünf Jahren?
Variante: Welche beruflichen Ziele verfolgen Sie mittel- oder langfristig? Welche Erwartungen haben Sie an sich selbst / Ihren neuen Job? Was würden Sie sich von uns wünschen?
Diese Frage wird gestellt, um zu erfahren wie zielbewusst der Bewerber agiert. Sind Sie jemand, der sein Leben in die Hand nimmt und eigenen Visionen folgt oder treiben Sie ungezwungen im Strom des Daseins? Hüten Sie sich davor, in bloßes Anspruchsdenken zu verfallen, und konzentrieren Sie sich Ihren Eigenbeitrag.
“Also in fünf Jahren arbeite ich immer noch hier, hab‘n Firmenwagen und vielleicht sogar Eigenheim und Familie.”
Dieser Bewerber hat die Frage komplett missverstanden.
- die Frage berührt berufliche Interessen – Tagträumereien über Ihren privaten Besitzstand sind völlig deplatziert
- die Offenbarung familiärer Pläne könnte Ihnen zum Nachteil ausgelegt werden
“Naja, als Quereinsteiger steht für mich erst mal im Vordergrund, Fuß zu fassen, ehe ich ernsthaft über weiterführende Perspektiven nachdenke. Ich möchte die Zeit erst mal nutzen, um Erfahrung zu sammeln, am liebsten auch in unterschiedlichen Abteilungen. Ich könnte mir zum Beispiel auch Einsätze im Vertrieb vorstellen, wenn ich das Produktspektrum besser kenne. Jedenfalls möchte ich nicht tagein tagaus die selbe Routine fahren. Hier würde ich gerne mit Ihnen im Gespräch bleiben.”
Dieser Bewerber bleibt auf dem Boden der Tatsachen und überspringt den “Ich-wäre-oder-hätte-gerne”-Modus, indem er aktionsorientierte Überlegungen anstellt. Gleichzeitig formuliert er eine klare Erwartung gegenüber dem Unternehmen.
Wie sehen Ihre Gehaltsvorstellungen aus?
Variante: Wie rechtfertigen Sie Ihren Gehaltsanspruch?
Die Gehaltsfrage erwartet Sie meist zum Gesprächsende. Bereiten Sie sich mit einer Gehaltsanalyse darauf vor und gehen Sie mit einer exakten Vorstellung eines Minimal-, Wunsch- und Kompromissgehalts ins Gespräch. Dabei handelt es sich immer um ein Jahresgehalt in Brutto, zusätzliche Monatsgehälter inklusive.
Vor der Gehaltsfrage sollten Sie noch mal die genauen Stellenanforderungen und das Leistungsangebot des Arbeitgebers erfragen, damit sich abweichend von Ihrer Vorab-Recherche keine Überraschungen ergeben. In vielen Fällen bleibt Ihr Gehaltswunsch unkommentiert. Mitunter werden Sie aber angehalten, Ihren Gehaltsanspruch zu begründen. Argumente mit denen Sie Gehaltsforderungen parieren können sind:
- eigene Leistungsmerkmale (z. B. Arbeitszeugnisse)
- Vergleichswerte (bisheriges Gehalt, Gehaltsvergleichsportale, Tarifverträge)
- Stellenanforderungen (z. B. Wochenarbeitszeit)
- wirtschaftliche Rahmenfaktoren (z. B. Branche)
- Lücken im Leistungsangebot des Arbeitgebers (z. B. Dienstfahrten mit eigenem Fahrzeug, kein finanzieller Ausgleich für Überstunden ...)
Macht der Arbeitgeber ein konkretes Gegenangebot, sagen Sie nicht sofort zu oder ab. Nehmen Sie die Informationen mit nach Hause und rechnen Sie in Ruhe nach.
“Ich habe zurzeit 40.000 Euro und möchte mich natürlich gehaltlich verbessern.”
Ein konkreter Ausgangspunkt an dem es nichts zu rütteln gibt.
“Nach meiner Recherche liegt das durchschnittliche Gehalt eines Berufseinsteigers in dieser Branche bei 30.000 Euro. Das entspricht meinem Gehaltswunsch.”
Eine solide Recherche nach Vergleichsgehältern ist ein guter Ausgangspunkt, um Gehaltsansprüche geltend zu machen.
“Ich bin fest angestellt und verdiene gut, da muss schon eine Verbesserung drin sein. So 60.000 sollten es schon sein.”
Diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen. Der Bewerber liefert für seinen Anspruch kein Argument.
“Was können Sie mir denn anbieten?”
Sich mit einer Gegenfrage die Argumentation zu ersparen, gilt als unverschämt. Sie müssen liefern!
“Für diese Tätigkeit habe ich einen Durchschnittsverdienst von 40.000 Euro ermittelt. In Anbetracht der umfassenden Reisetätigkeit halte ich ein Jahresbrutto von 50.000 Euro für angemessen.”
Auch außergewöhnliche Anforderungen sind ein Grund, das Wunschgehalt höher zu veranschlagen.
“Ich halte das für ein angemessenes Gehalt, weil ich das Unternehmen bereits als Leiharbeiter kennengelernt habe und auf sehr gute Beurteilungen in meinen Zeugnissen verweisen kann.”
Gleich zwei Argumente, die ein überdurchschnittliches Gehalt rechtfertigen.
Was wissen Sie über unsere Firma?
Variante: Was wissen Sie über die Geschichte unseres Hauses? Wissen Sie, wie unser Unternehmen aufgebaut ist?
Informationen über Gesprächspartner und deren betriebliches Umfeld einzuholen, gehört zu den Grundlagen der Gesprächsvorbereitung. Das ist in Zeiten des Internets nicht mehr schwer. Bewerber, die hierzu nichts sagen können, offenbaren eigentlich nur, dass Sie zu bequem waren, ein paar Mausklicks zu machen. Die Antwort gibt dem Interviewer außerdem ein Indiz dafür, wie sorgfältig der Bewerber seine Wahl getroffen hat. Die Frage wird gerne Ausbildungssuchenden gestellt, um Abbruchkandidaten zu filtern. Natürlich müssen Sie keine historische Abhandlung wiedergeben, aber ein paar Basisfakten, sollten Sie mit Ihrer Vorab-Recherche verinnerlicht haben.
“Sie sind halt eine Firma, die so Motorteile herstellt ... mehr hab ich da auf die Schnelle jetzt nicht gefunden.”
Das ist eine Verlegenheitsantwort. Dann geben Sie lieber gleich zu, dass Sie diesen Teil der Gesprächsvorbereitung vernachlässigt haben.
“Ich weiß, dass die Muster GmbH 1995 gegründet wurde. Hier arbeiten ca. 170 Mitarbeiter, wobei gut ein drittel davon in den letzten 3 Jahren eingestellt wurde. Sie sind im südwestdeutschen Raum aktiv und haben Standorte in Stuttgart, Nürnberg und Freiburg. In der Hautptsache kümmern Sie sich als Dienstleister um die IT-Infrastruktur mittelständischer Unternehmen. Die Aufbauorganisation gliedert sich in die Bereiche Projektmanagement, Service, Entwicklung und Technologie. Und ich sitze wahrscheinlich hier, weil Sie im Geschäftsfeld der automatisierten Dokumentenerkennung expandieren möchten.”
Diese Antwort ist ziemlich over-the-top.
Woher wissen Sie, dass [Schlüsselkompetenz] zu Ihren Eigenschaften gehört?
Variante: In welchen beruflichen Situationen konnten Sie [Schlüsselkompetenz] unter Beweis stellen?
Für fast jede Stelle werden inzwischen bestimmte Softskills bzw. Schlüsselkompetenzen vorausgesetzt. Wird eine dieser Eigenschaften in der Stellenbeschreibung gefordert, muss der Bewerber mit Nachfragen rechnen, insbesondere, wenn er im Anschreiben oder im Gesprächsverlauf nicht oder nur unzureichend darauf eingegangen ist. Zu den typischen Softskills gehören:
- Teamfähigkeit – Haben Sie schon einmal mit einer schwierigen Person zusammengearbeitet?
- Kommunikationsfähigkeit – Worauf legen Sie wert in der betrieblichen Kommunikation?
- Kritikfähigkeit – Wann haben Sie zuletzt etwas besser gemacht, nachdem Sie kritisiert wurden?
- Konfliktfähigkeit – Haben Sie schon mal einen Konflikt bewältigt?
- Organisationsfähigkeit – Erzählen Sie uns von einem Projekt oder Event, das Sie organisiert haben.
- strukturiertes Arbeiten und Selbstorganisation – Was tun Sie um den Überblick zu behalten?
- Kreativität – Können Sie uns Ihren kreativen Prozess beschreiben?
- Flexibilität – Was verstehen Sie unter Flexibilität?
- Genauigkeit – Bei welchen Ihrer bisherigen Tätigkeiten kommt es auf Präzision an?
- Kundenorientierung – Hatten Sie schon mal mit einem schwierigen Kunden zu tun? Wie haben Sie reagiert?
- Analysefähigkeit – Beschreiben Sie uns eine Aufgabe, bei der es erforderlich war, eine Situationsanalyse vorzunehmen.
- Problemlösefähigkeit – Haben Sie schon mal ein komplexes Problem gelöst?
- Belastbarkeit – Erzählen Sie von einer beruflichen Situation, die Sie als besonders herausfordernd empfunden haben.
- Initiative – Nennen Sie ein Beispiel für einen Produktivbeitrag, den Sie im beruflichen Kontext aus eigener Initiative geleistet haben.
- Durchsetzungsvermögen – Beschreiben Sie eine berufliche Situation, wo Sie ein Vorhaben oder Ergebnis verteidigen mussten.
- Führungsfähigkeit – Erzählen Sie uns, wie Sie ein Team angeleitet haben, ein Ziel zu erreichen.
- Interkulturelle Kompetenz – Auf welche Besonderheiten achten Sie in der Interaktion mit internationalen Geschäftspartnern?
Die Behauptung, dass Sie als Bewerber die gewünschte Eigenschaft mitbringen, müssen Sie beweisen: Schildern Sie eine berufliche Situation, verweisen Sie auf Arbeitszeugnisse oder Feedback aus Mitarbeitergesprächen.
“Ich bin teamfähig, weil ich gut mit anderen zusammenarbeiten kann.”
Das ist kein Beweis. Hier wird eine Behauptung synonym durch eine andere ersetzt.
“Ich habe sehr oft mit wechselnden Teamkonstellationen zu tun. Ich arbeite auf jeder Baustelle mit anderen Leuten zusammen und muss mich ständig auf neue Charaktere einlassen. Mein eigener Qualitätsanspruch ist dabei oft höher als der von anderen, deshalb bin ich meist derjenige, der andere zum Nacharbeiten auffordert.”
Dieser Bewerber liefert einen Beweis aus seinem beruflichen Alltag und beschreibt genau, wie sich diese Eigenschaft bei ihm “entfaltet”.
Was zählt zu Ihren größten Erfolgen?
Variante: Auf welche Leistungen sind Sie besonders stolz? Welche Referenzen können Sie vorweisen? Was war bislang Ihre größte Herausforderung?
Insbesondere bei ergebnis- oder projektorientierten Tätigkeiten wird erwartet, dass Sie anhand bisheriger Arbeitsergebnisse beschreiben können, was Sie geleistet haben und wie erfolgreich Sie damit waren. Das muss aber nichts Gegenständliches sein. Vielleicht konnten Sie einen besonders schwierigen Kunden überzeugen, eine knifflige Problemstellung lösen, eine Innovation oder Prozessverbesserung anregen … Stellen Sie Ihre Erfolge anekdotenhaft und anschaulich dar – durchaus auch mithilfe von Fotos, Präsentationen, Zeitungsartikeln etc. Seien Sie aber vorsichtig genug, keine Betriebsgeheimnisse zu verraten! Das gilt z. B. auch für konkrete Kennzahlen, die Ihren Erfolg messbar machen. Wenn Sie zu offenherzig Informationen preisgeben, wird man Ihre Diskretion in Frage stellen.
“Ich hab Ihnen mal einen Soll-Ist-Vergleich aus dem aktuellen Quartal mitgebracht. Im Diagramm können Sie leicht erkennen, dass ich die Zielvorgaben übertreffen konnte.”
Dieser Bewerber offenbart Firmengeheimnisse und schießt damit über das Ziel hinaus.
“Für unseren Aktionstag hab ich mich eigenverantwortlich um die Öffentlichkeitsarbeit gekümmert. Ich hab zum ersten Mal Social-Media-Kanäle in unsere Kommunikationsstrategie mit einbezogen. Da musste ich beim Chef erst Überzeugungsarbeit leisten, weil damit auch Mehraufwendungen verbunden waren. Am Ende war unsere Besucherzahl aber vierstellig und das hatten wir noch nie. Für die Lokalzeitung hab’ ich auch ‘n Artikel darüber geschrieben, falls Sie mal sehen möchten ...”
Unproblematisch ist die Angabe von Informationen, die öffentlich zugänglich waren oder sind. Zeitungsartikel sind immer ein gutes Aushängeschild – solange der Tenor positiv ist.
Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?
Variante: Können Sie ein Vorhaben nennen, mit dem Sie gescheitert sind? Wo hatten Sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen? Wie haben Sie reagiert? Wollten Sie schon einmal etwas nicht mehr machen?
Ähnlich wie Schwächen-Frage geht es hier um eine realistische Selbsteinschätzung des Bewerbers. Misserfolge sind eine tragende Säule der persönlichen und beruflichen Reife. Menschen tendieren allerdings dazu, Misserfolge zum Schutz des eigenen Selbstbildes zu verleugnen. Im betrieblichen Alltag kann der Hang zu Schönfärberei gravierende Auswirkungen haben. Unternehmen wünschen sich deshalb Bewerber, die mit Problemen und Frustration umzugehen gelernt haben.
“Ich versuche den Erfolg im Auge zu behalten, an mich zu glauben und immer mein Bestes zu geben. Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen.”
Dieser Bewerber versucht mit leeren Phrasen auf gut Wetter zu machen.
“Naja, ich bin Programmierer und hab jeden Tag mit Fehlern zu kämpfen – auch mit solchen, die ich selber verursacht habe. Ganz am Anfang hab’ ich mal ‘ne Datenbank gecrasht und etliche Tage Ausfallzeit verursacht. Die Kollegen haben da viel aufgefangen und wir haben dann gemeinsam analysiert, wie das passiert ist. Ich war so klein mit Hut, aber seitdem weiß ich, wie SQL-Injections zu vermeiden sind. Das war eine sehr nachhaltige Lehrstunde.”
Der Bewerber beschreibt eine konkrete Misserfolgssituation und welche Lektion sich aus der Fehleranalyse ergeben hat.
Arbeiten Sie lieber alleine oder im Team?
Variante: Welche Teamstärken bringen Sie mit? Welche Rolle nehmen Sie innerhalb eines Teams ein?
Teamfähigkeit gehört zu den meistgenannten Voraussetzungen in Stellenanzeigen. Natürlich lässt sich diese Eigenschaft in einer Gesprächssituation nur bedingt feststellen – Fragen dazu werden aber trotzdem gerne gestellt. Wer umfangreiche Teamerfahrungen gesammelt hat, weiß um die Vor- und Nachteile von Teamarbeit und kann sein eigenes Teamverhalten reflektieren.
“Ganz klar im Team, alleine is ja langweilig. Und ohne Teamarbeit geht doch heute nichts mehr – wenn man sich reinteilen kann, is es eh einfacher für jeden.”
Die Antwort dieses Kandidaten ist wenig substantiell und möglicherweise von “sozialer Erwünschtheit” motiviert. Der Interviewer will hören, dass ich teamfähig bin? Dann sag ich einfach, dass ich gerne im Team arbeite! Leider hält er dabei nur an Allgemeinplätzen fest – persönliche Erfahrungen kann oder will er nicht schildern. Schlimmer noch: den Mehrwert von Teamarbeit macht er am Unterhaltungs- und Entlastungsfaktor fest. Das war wohl nichts.
“Naja, kommt ganz auf das Team an ;-). In meiner Position arbeite ich mit ganz unterschiedlichen Arbeitsgruppen zusammen. Manchmal ist die Zusammenarbeit sehr inspirierend und manchmal so zäh, dass ich meine Zeit lieber anderweitig investiert hätte. Typische Phänomene sind beispielsweise problemorientierte Debatten oder Teammitglieder, die unvorbereitet in die Sitzung kommen. Da sag’ ich dann auch ganz offen, was ich davon halte – gehört ja auch zu meiner Aufgabe, dem eine gewisse Richtung zu geben.”
Dieser Bewerber hat Licht- und Schattenseiten der Teamarbeit kennengelernt. Seine Teamstärke besteht offenbar darin, Zielvorgaben zu machen und Kritik zu äußern, wenn es die Situation erfordert.
Haben Sie sich noch anderswo beworben?
Variante: Wie viele Bewerbungen haben Sie (dieses Jahr) geschrieben? Wo haben Sie sich noch beworben? Wie viele Bewerbungen haben Sie aktuell laufen?
Diese Frage klingt zunächst schmeichelhaft, wenn man unterstellt, dass der Personaler wissen möchte, wie hoch die Rekrutierungs-Chancen des Bewerbers sind. Das ist aber nicht immer der Fall. Regelmäßig wird die Frage auch dazu verwendet, Widersprüche in der Argumentation des Bewerbers aufzudecken oder seine Bewerberinitiative zu hinterfragen.
Widersprüche tun sich z. B.bei Arbeitnehmern auf, die sich mit 60 Bewerbungen empfehlen, insgesamt aber glaubhaft machen wollen, sich aus einer starken Position heraus zu bewerben. Minuspunkte gibt es auch für Ausbildungsplatzsuchende oder Berufseinsteiger, die nur wenige Bewerbungen geschrieben haben. Wird statt dessen irgend eine exorbitante Zahl in den Raum geworfen, ist die Nachfrage wahrscheinlich, wo oder auf welche Positionen man sich zuletzt beworben hat. Wer hier nicht konkret werden kann, weckt Skepsis.
“Sie sind leider nicht der einzige Interessent. Konkrete Angebote liegen mir schon vor und es könnte sein, dass ich nächsten Monat schon in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eintrete.”
Dieser Bewerber wertet die Frage als “Interessenbekundung” an seiner Person. Der Tenor “Sie müssen sich beeilen und mir was besseres bieten, wenn Sie mich haben möchten” kommt aber selten gut an. Ein (vorgeblich) erhöhtes Käuferinteresse und Auslauffristen als Entscheidungsanreiz zu liefern, gehört jedenfalls nicht zu den seriösen Vermarktungsstrategien.
“Klar, eingleisig zu fahren wäre mir viel zu unsicher. 30 Bewerbungen liegen hinter mir und aktuell laufen noch 5 Bewerbungen parallel. Zwei Bewerbungsgespräche hab’ ich bislang geführt, also abgesehen von dem jetzt. Eins davon ist noch ergebnisoffen.”
Dieser Bewerber macht klar, dass er Parallelbewerbungen als Strategie nutzt, um seine Erfolgschancen zu erhöhen. Er kann ohne Zögern Auskunft über den Status seiner Bewerbungsaktivitäten geben. Dieser Bewerber sein “Projekt” gut im Griff.
“Nein, im Augenblick sind Sie der einzige. Bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber gehe ich sehr selektiv vor. Ich stehe in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis und bewerbe mich gezielt nur auf leitende Positionen im näheren regionalen Umfeld.”
Für Arbeitnehmer, die sich in ungekündigter Stellung befinden, ist ein niedriges Bewerbungsaufkommen absolut legitim.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Variante: Wo finden Sie einen Ausgleich zum beruflichen Alltag? Was war das letzte Buch, dass Sie gelesen haben? Treiben Sie Sport? Spielen Sie ein Musikinstrument? Sind Sie Mitglied in einem Verein? Welche Fernsehsendungen sehen Sie am liebsten?
Die Frage nach den Freizeitaktivitäten wird oft nur am Rande des Gesprächs gestellt. Trotzdem ist Ihr Stellenwert nicht zu unterschätzen, denn damit gewinnt der Interviewer z. B. Erkenntnisse über
- die Motivation
- die Initative
- die Sozialkompetenz
- das Selbstmanagement
- die Lernbereitschaft
des Bewerbers. Wenn sich Interessenschnittmengen ergeben, können Sie mit einem Sympathiebonus rechnen und in seltenen Fällen werden die außerberuflichen Fähigkeiten sogar zum Einstellungskriterium – etwa weil es Berührungspunkte zu anderen Aufgabenfeldern gibt oder weil man noch auf der Suche nach einem würdigen Tischkickergegner ist [kein Witz ;-)].
“Ja, nix Besonderes, Chillen, Zocken und mit Freunden abhängen – sowas halt.”
Initiative gleich Null. Bei dieser Antwort ist mit kritischen Nachfragen zu rechnen, denn hier schwingt immer die Vermutung mit, dass Sie sich vor lauter Langeweile mit anderen Stimmungsmachern die Zeit vertreiben.
“Ich mag Lesen und Spazierengehen.”
Wenn Sie nicht konkret werden, stirbt der Interviewer vor Langeweile. Was wird denn gelesen? Schopenhauer oder Sportbild? Und warum widmen Sie sich ausschließlich Einzelbeschäftigungen? Sind Sie etwa ein Einzelgänger und am Ende nicht teamfähig?
“Berufsbedingt hab ich mit täglich mit vielen Menschen zu tun, deshalb suche ich in meiner Freizeit eher nach Abstand und bin gerne für mich, z. B. bei der Gartenarbeit oder beim Joggen.”
Hier ist die Vorliebe für Einzelbeschäftigungen nachvollziehbar.
“Ich werde von meinem Studium und meinem Nebenjob ziemlich beansprucht. Hobbies kann ich mir nicht wirklich leisten.”
Die Work-Life-Balance dieses Bewerbers liegt ziemlich im Argen. Klingt nach Ausfallrisiko.
“Naja, ich bin Mutter von zwei Kindern und mein Mann schafft Schicht. Da bleibt nicht viel Raum für Freizeit – außer der täglichen Viertelstunde im Bad ;-). Deshalb würde ich auch gerne nur zwei, drei Tage die Woche arbeiten, um hier wieder etwas mehr Luft zu haben. Früher war ich drei mal die Woche im Fitness-Studio. Da möchte ich schon ganz gerne wieder hin.“
Diese Bewerberin hat gute Argumente dafür, kein Hobby zu haben und macht klar, dass die Bewerbung Teil Ihrer Selbstmanagement-Strategie ist.
“Ich trainier’ vier mal in der Woche im Fußballverein und hab dann am Wochenende Spiel. Wir kämpfen gerade um den Aufstieg.”
Team- und Vereinssport ist zunächst mal ein guter Indikator für Sozialkompetenz und Leistungsbereitschaft. Hier drängt sich allerdings die Frage auf, ob das genannte Pensum mit dem Arbeits- bzw. Ausbildungsalltag vereinbar ist. Und wie der Bewerber die Prioritäten setzen würde, wenn es auf der einen und/ oder anderen Seite zu einer Leistungsbeeinträchtigung käme.
Haben Sie Vorbilder?
Variante: Welche Eigenschaften anderer Menschen imponieren Ihnen? Würden Sie sagen, dass Sie diese Eigenschaften auch selbst verkörpern? Haben Sie auch Anti-Vorbilder? Was stört Sie bei anderen Menschen am meisten? Wie gehen Sie damit um?
Die Vorbild-Frage beleuchtet die Persönlichkeitsstruktur des Bewerbers. Welche Werte bestimmen sein Handeln? Passt das zu den Anforderungen der Stelle und zum Charakter des Teams? Allerdings: Bewerber sollten vorsichtig sein, passgenaue Vorbilder zu suchen, die vermeintlich erwünschte Eigenschaften verkörpern. Im Grunde handelt es sich nämlich um eine Fangfrage.
Die Aussage, die hinter einem genannten Vorbild steht, ist ja eigentlich die, dass man gerne so wie jemand wäre – eben weil man es (noch) nicht ist. Daher sollten Sie nicht bei der bloßen Nennung des Vorbildes uns seiner Eigenschaften stehen bleiben, sondern auch beispielhaft darlegen, inwiefern Sie sich die Eigenschaften Ihres (einstigen) Vorbildes bereits zu eigen gemacht haben und nun selbst verkörpern.
Die Frage nach negativen Eigenschaften anderer Personen ist ebenso doppelbödig: das, was uns an anderen am meisten aufregt, betrifft im Grunde Persönlichkeitsanteile, die wir in uns selbst verleugnen. Wer sich also lauthals darüber beschwert, wie planlos der Kollege arbeitet, stellt damit indirekt das eigene Improvisationsvermögen in Frage.
“Ich würde sagen Muhammad Ali ist ein Vorbild, weil der ein echter Kämpfer war und gesagt hat, was er denkt.”
Ein Vorbild, aber nicht Ihr Vorbild. Viele Bewerber wählen aus Verlegenheit Persönlichkeiten mit guter Medienreputation. Das wirkt aus der Luft gegriffen. Vor allem dann, wenn Sie keine Parallelen zum eigenen Verhalten ziehen können.
“Also ich kann mich da jetzt nicht auf eine Idealfigur festlegen, aber es gibt schon Personen die einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben. Ich denke da zum Beispiel an meinen ehemaligen Professor. Der hatte eigentlich keinen guten Ruf, weil er ziemlich zynisch war und viele Studis ganz aufgelöst waren, wenn Sie’n Feedback von Ihm gekriegt haben. Die anderen Profs haben die Referate alle irgendwie durchgehen lassen – da war der Lerneffekt auch nicht besonders hoch. Aber der konnte echt die Finger in die Wunde legen. ‘Lernen tut weh!’, war so sein Spruch. Naja, daran denk ich jetzt immer, wenn ich die Prüfungen meiner Azubis abnehme :-)”
Wer über eine Person aus seinem näheren Umfeld spricht, kann oft authentischer antworten. Der Bewerber kann außerdem den Einfluss auf sei eigenes Verhalten reflektieren.
Kritische Fragen vorbereiten
Um die Vertrauenswürdigkeit eines Kandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen, suchen Personaler gerne nach dem Haar in der Suppe. Bewerber werden deshalb in Abhängigkeit von ihrer Biografie mit unterschiedlichen und durchaus kritischen Fragen konfrontiert. Jeder Bewerber sollte die neuralgischen Punkte seines Werdegangs kennen und sich mit Argumenten gegen Nachfragen wappnen. Bei unübersehbaren Auffälligkeiten sollten Sie sogar die Flucht nach vorn wagen und Erklärungen liefern, bevor Fragen kommen. Zeigen Sie, dass Sie sich um Transparenz bemühen und Verantwortung für Handeln übernehmen. Mit Drückebergern, die sich gerne als Opfer äußerer Umstände darstellen, will niemand zusammenarbeiten.
Personaler: “Warum haben Sie denn so viele unentschuldigte Fehltage?”
Bewerber: “Ach, da kann ich nix für, da hab ich ‘n gelben Zettel mit der Post geschickt, der ist irgendwie nicht angekommen.”
Personaler: “Warum haben Sie sich dann keine Zweitbescheinigung ausstellen lassen?”
Bewerber: “Das hat mir ja keiner gesagt.”
Selbst wenn man dieser Aussage Glauben schenken möchte – Verantwortungsbewusstsein ist bei diesem Bewerber nicht vorhanden. Es waren immer die anderen.
“Sie fragen sich bestimmt, warum ich so viele unentschuldigte Fehltage im Zeugnis stehen hab … naja, ich hab das damals nicht besonders ernst genommen. Damals war gerade EM und das Schuljahr war schon so gut wie rum … da hab ich mir kurzerhand … naja … “frei genommen”. Zu Hause gab’s dann richtig Krach, nachsitzen musste ich sowieso und jetzt hab ich’s halt im Zeugnis stehen. Ziemlich blöd von mir im Nachhinein, aber damals hab ich mir da einfach keinen Kopf drüber gemacht.”
Immerhin sieht er es ein.
Fragen zu Unregelmäßigkeiten im Lebenslauf
- Für diesen Zeitraum weist Ihr Lebenslauf eine Lücke auf – was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
- Ihre beruflichen Stationen sind sehr “abwechlsungsreich” – gibt es da eine innere Logik?
- Warum sind Ihre beruflichen Stationen regelmäßig nur von kurzer Dauer?
- Haben Sie nach all den Jahren nie in Betracht gezogen, den Arbeitgeber / die Tätigkeit zu wechseln?
- Warum haben/ möchten Sie das Unternehmen in der Probezeit verlassen?
- Warum haben Sie Ihre Ausbildung / Ihr Studium abgebrochen?
- Warum Sie erst so spät in Ausbildung gelangt?
- Warum ist Ihnen der Berufseinstieg erst so spät gelungen?
- Warum haben Sie nie in dem Beruf gearbeitet, den Sie gelernt haben?
- Warum haben Sie Tätigkeiten übernommen, für die Sie formell überqualifiziert sind?
- Warum haben Sie sich eine Auszeit genommen?
- Warum sind Sie danach nicht in Ihren Beruf / Ihre Position zurückgekehrt?
- Warum haben noch mal eine berufliche Kehrtwende vollzogen?
- Warum haben Sie Ihre selbstständige Tätigkeit aufgegeben?
- Warum haben Sie keine Interessen angegeben?
Fragen an Arbeitnehmer
- Warum wird das aktuelle Arbeitsverhältnis (vorzeitig) beendet?
- Gibt es etwas, das Sie an Ihrem derzeitigen Arbeitsverhältnis schätzen?
- Gibt es etwas, das Sie an Ihrem derzeitigen Arbeitsverhältnis stört?
- Stehen gerade Veränderungen in Ihrem Betrieb an?
- Warum können Sie für diese Station kein (qualifziertes) Zeugnis vorweisen?
- Entsprechen die Zeugnisbeurteilungen Ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen?
- Warum haben Sie berufsbegleitend keine Weiterbildungen absolviert?
- Warum tun Sie eigentlich das, was Sie tun?
- Wie würden Sie diese oder jene Problemstellung methodisch angehen?
Fragen an Schüler und Ausbildungssuchende
- Warum haben Sie in diesen Fächern keine besseren Leistungen erzielt?
- Wie können Sie Ihre Leistungsschwankungen erklären?
- Warum haben Sie sich für diese Leistungskurse entschieden?
- Warum fällt Ihre Verhaltensbeurteilung nur “befriedigend” aus?
- Wie war Ihr Verhältnis zu Lehrern / Mitschülern?
- Wofür wurden Sie häufig gelobt oder getadelt?
- Wie bereiten Sie sich auf Klassenarbeiten vor?
- Wie wollen Sie den täglichen Weg vom Wohnort zum Betrieb bewerkstelligen?
- Was hat Ihnen bei Ihren Praktika besonders gefallen?
- Was hat Ihnen bei Ihren Praktika besonders missfallen?
- Ist der Beruf, um den Sie sich hier bewerben, erste, zweite oder dritte Wahl? Warum?
- Haben Sie eine Alternative, falls es mit dieser Ausbildung nicht klappt?
- Warum wollen Sie mit Abitur nicht studieren gehen?
- Haben Sie schon mal einen Ferienjob übernommen?
- Warum mussten Sie die Klasse wiederholen?
- Haben Sie Nachhilfe in Anspruch genommen?
- Warum haben Sie die Schule gewechselt?
- Warum haben Sie so viele (unentschuldigte) Fehltage?
- Warum können Sie kein Zeugnis vorweisen?
- Warum haben Sie Ihre Ausbildung abgebrochen?
- Warum möchten Sie eine zweite Ausbildung beginnen?
- Haben Sie Ihre Bewerbung selbstständig geschrieben?
- Was haben Sie letzte Woche gelernt?
Fragen an Ausbildungsabsolventen
- Warum für haben Sie sich für diesen Ausbildungsberuf entschieden?
- Warum sind Sie nicht übernommen worden?
- Wie erklären Sie Ihre Leistungen in der Berufsschule?
- Wie erklären Sie Ihre Leistungen in der Abschlussprüfung?
- Was war Gegenstand Ihrer Fertigkeitsprüfung? Womit waren Sie zufrieden? Was hätten Sie besser machen können?
- Welche Ausbildungsstationen / Tätigkeiten haben Ihnen besonders zugesagt?
- Mit welchen Ausbildungsstationen / Tätigkeiten konnten Sie sich weniger gut anfreunden?
- Wie waren die Rückmeldungen von Ausbildern / Lehrern zu Ihrem Arbeits- und Sozialverhalten?
- Glauben Sie, dass Sie mit diesem Ausbildungsberuf die richtige Entscheidung getroffen haben? Warum (nicht)?
- Warum haben Sie den Ausbildungsbetrieb gewechselt?
- Warum haben Sie die übliche Ausbildungszeit überschritten?
- Warum liegt uns kein (qualifiziertes) Ausbildungszeugnis vor?
- Warum liegt uns kein Berufsschulzeugnis vor?
Fragen an Studenten und Studienabsolventen
- Warum für haben Sie sich für dieses Studium entschieden?
- Warum haben Sie sich für diese Hochschule entschieden?
- Welchen Studienschwerpunkt haben Sie gesetzt und warum?
- Wie haben Sie zum Thema Ihrer Abschlussarbeit gefunden?
- Welches Fazit konnten Sie aus Ihrer Untersuchung ziehen?
- Was haben die Gutachter an Ihrer Abschlussarbeit gelobt oder kritisiert?
- Was hat Sie dazu bewogen, Ihr Praxissemester bei … zu absolvieren?
- Welche Lehren konnten Sie aus Ihrem Praxissemester ziehen?
- Warum haben Sie für Ihr Praxissemester kein Praktikumszeugnis beigelegt?
- Haben Sie von Ihrem Praktikumsbetrieb Rückmeldung zu Ihrem Leistungs- und Sozialverhalten bekommen?
- Haben Sie lieber Hausarbeiten geschrieben oder Referate gehalten?
- Sehen Sie sich eher als Generalist oder Spezialist?
- Welche Hilfsmittel und Methoden nutzen Sie, um sich selbst zu organisieren?
- Sind Sie einer Nebentätigkeit nachgegangen?
- Hätten Sie sich im Nachhinein lieber für ein anderes Studium entschieden? Warum (nicht)?
- Warum haben Sie sich für / gegen ein Master-Studium entschieden?
- Wie kommt es, dass Sie die Regelstudienzeit deutlich überschritten haben?
- Warum haben Sie das Studienfach gewechselt?
- Warum haben Sie das Studium abgebrochen?
- Warum habe Sie kein Auslandssemester absolviert?
- Warum haben Sie ein Zweitstudium absolviert?
- Was haben Sie letzte Woche gelernt?
Fragen an (langzeit-)arbeitslose Bewerber
- Warum haben Sie Ihrer Meinung nach noch keinen Job gefunden?
- Aus welchen Gründen wurden die bisherigen Arbeitsverhältnisse beendet?
- Gab es Probleme mit dem Arbeitgeber oder den Kollegen?
- Was haben Sie während Ihrer Arbeitslosigkeit gemacht?
- Was haben Sie getan, um Ihre Arbeitslosigkeit zu beenden?
- Was tun Sie, wenn Sie diese Stelle nicht bekommen?
- Wäre diese Stelle nicht ein beruflicher Rückschritt für Sie?
- Aktuell nehmen Sie an einer Weiterbildungsmaßnahme teil – wie kam es dazu?
- Was war Ihr letztes Erfolgserlebnis?
- Wo konnten Sie zuletzt Ihre Lernfähigkeit unter Beweis stellen?
- Würden Sie etwas anders machen, wenn Sie noch mal von vorne beginnen könnten?
Fragen an Führungskräfte
- Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
- Was macht Ihrer Ansicht nach eine gute Führungskraft aus?
- Können Sie aus Ihrer Praxis ein konkretes Beispiel für erfolgreiche Mitarbeiterführung nennen?
- Wie gehen Sie mit “Minderleistern” um?
- Was war die größte Herausforderung, der Sie als Führungskraft gegenüberstanden?
- Sind Ihnen bereits Führungsfehler unterlaufen? Wie sind Sie damit umgegangen?
- Wie gehen Sie mit Konflikten um?
- Welche Ziele würden Sie sich für die ersten 30 Tage setzen?
- Warum sind Sie nie befördert worden?
Fragen an Wiedereinsteiger
- Warum haben Sie sich in eine längere Auszeit begeben?
- Wie haben Sie sich auf Ihren Wiedereinstieg vorbereitet?
- Was haben Sie unternommen, um beruflich auf dem Laufenden zu halten?
- Wo ist Ihrer Einschätzung nach Nachholbedarf entstanden?
- Woraus leiten Sie ab, dass Ihre Leistungsfähigkeit wieder hergestellt ist?
- Was können wir tun, um Sie bei Ihrer Wiedereingliederung zu unterstützen?
Fragen zu Social-Media-Aktivitäten
Auch an Ihren Social-Media-Aktivitäten lassen sich Eigenschaften wie Sozialkompetenz und Kommunikationsfähigkeit ablesen. Gehen Sie davon aus, dass Personaler Ihre Profile genau unter die Lupe nehmen. Kritische Nachfragen betreffen z. B.
- den Kommunikationsstil (Rechtschreibung und Umgangston)
- ausschweifende Freizeitaktivitäten
- fragwürdige Interessen und Gruppenzugehörigkeiten
- Widersprüche zum Lebenslauf
Tipps zum Auftreten im Internet
Beispielhafte Fragen:
- Im Lebenslauf haben Sie angegeben, dass Sie gerne Lesen und Schwimmen. In den Sozialnetzwerken finde wir aber nur Hinweise darauf, dass Sie sich für Horrorfilme und Videospiele interessieren. Können Sie uns das erklären?
- Auf Ihrem Profil haben Sie sich wiederholt despektierlich über Kollegen und Vorgesetzte geäußert. Wie würden Sie Ihre Kritik- und Konfliktfähigkeit einschätzen?
- In Ihrem Sozialnetzwerk gehören Sie diversen Gruppen an, die sich mit den körperlichen Vorzügen von Frauen befassen. Sollte ich mir um meine Belegschaft sorgen machen?
Fragen zu Allgemein- und Fachwissen
Die einfachsten Fragen betreffen das Allgemeinwissen oder mathematisch-sprachliche Basiskompetenzen. Insbesondere Ausbildungssuchende werden gelegentlich mit Fragen der folgenden Art konfrontiert:
- Wie viel sind 20 % von 16?
- Wer ist Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland?
- Wie viel Kubikzentimeter hat ein Kubikmeter?
- Wie buchstabiert man “Kompromiss”?
- Welche Fläche hat ein Teppich, der drei Meter lang und viereinhalb Meter breit ist?
- In welcher Einheit wird der elektrische Widerstand gemessen?
Absolventen und Fachkräfte müssen mit anspruchsvolleren fachbezogenen Fragen rechnen:
- Worin sehen Sie den Vorteil agiler Software-Entwicklung?
- Welche Projektmodelle haben Sie bisher eingesetzt?
- Was ist der Cash-Flow eines Unternehmens?
- Wie hat gestern der DAX geschlossen?
- Welche Aktien würden Sie uns nach der gegenwärtigen Lage des Aktienmarktes empfehlen?
- Können Sie uns erklären, wie eine Kreiselpumpe funktioniert?
Das Allgemein- und Grundlagenwissen lässt sich mit Fragenkatalogen (externer Link) auffrischen, die zur Vorbereitung von Einstellungstests dienen. Eine Vorbereitung auf spezielle Fachfragen ist dagegen nur bedingt möglich und sinnvoll. Es wäre unverhältnismäßig Prüfungsstoff für ein Vorstellungsgespräch zu pauken. Entweder Sie haben das Fachwissen oder nicht.
Worauf Frau sich im Vorstellungsgespräch einstellen sollte (externer Link)