Was nicht im Arbeitszeugnis stehen darf
Rechtswidrige Formulierungspraktiken
- Widersprüchlichkeiten, bspw. eine sehr gute Beurteilung im Leistungs- und Sozialverhalten ohne Dank für die zurückliegende Zusammenarbeit auszusprechen (LAG Köln, 29.02.2008, 4 Sa 1315/07)
- die Verwendung von Ausrufezeichen und Anführungszeichen (ironisierend) (ArbG Bochum 21.8.1969, 2 Ca 618/69)
- zweideutige Aussagen, die den Arbeitnehmer hinterrücks herabwürdigen – es werden also indirekt negative Eigenschaften betont, oft mit ironischem Unterton
Als zweideutig sind bspw. die folgenden Formulierungen einzustufen:
"Sie war sehr tüchtig und in der Lage, Ihre Meinung zu vertreten" → Sie war eine Querulantin.
"Sie zeigte stets Engagement für Arbeitnehmerinteressen außerhalb der Firma." → Sie hat an Streiks teilgenommen.
"Für die Belange der Belegschaft bewies er Einfühlungsvermögen." → Er suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis.
"Er war von geselliger Art und trug dadurch zur Verbesserung des Betriebsklimas bei." → Er hatte Alkoholprobleme.
"Er verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen." → Mangelndes Wissen wird mit Selbstsicherheit überspielt.
- laut §109 (2) der Gewerbeordnung darf ein Zeugnis „keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.“
- das heißt, wenn Sie doppelbödige Aussagen entdecken – die der Leser gewissermaßen in den „falschen Hals bekommen“ könnte – dürfen Sie deren ersatzlose Streichung verlangen (LAG Hamm 17.12.1998, 4 Sa 630/98)
- wenn es darum geht, schlechte Leistungen und Verhaltensweisen zur Sprache zu bringen, kollidiert die Wahrheits- mit der Wohlwollenspflicht
- ob es sich dann um eine rechtlich einwandfreie Formulierung handelt, kann durchaus strittig sein, da die Grenze zwischen wohlwollend und diffamierend nicht immer eindeutig ist
Als wohlwollend gelten bspw. folgende Formulierungen:
"Er hat alle ihm übertragenen Arbeiten pflichtbewusst erledigt." → Er zeigte keine Eigeninitiative. Passivierungstechnik.
"Das Verhalten gegenüber Kollegen war einwandfrei." → Den Vorgesetzten gegenüber kam es zu Verfehlungen. Leerstellentechnik.
"Er war Neuem gegenüber stets aufgeschlossen." → Er konnte das Gelernte nicht in die Praxis umsetzen. Leerstellentechnik.
"Wir haben Ihn als freundlichen und zuvorkommenden Mitarbeiter kennengelernt." → Die Wendung "kennengelernt" wird benutzt, um anzuzeigen, dass sich der zunächst positive Eindruck in der Praxis nicht bestätigt hat.
Rechtswidrige Inhalte
Folgenden Tatsachen dürfen (ohne Zustimmung des Arbeitnehmers) nicht im Arbeitszeugnis zur Sprache kommen:
- die direkte oder indirekte Erwähnung von Tätigkeiten in der Gewerkschaft oder im Betriebsrat (ArbG Ludwigshafen 18.03.1987, 2 Ca 281/87)
- ehrenamtliche Tätigkeiten (LAG Hamm 06.03.1991, 3 Sa 1279/90)
- Aussagen über den Gesundheitszustand, es sei denn, der Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers wird grundsätzlich beeinflusst, so dass auch künftige Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an diesen Angaben haben (ArbG Hagen 17.04.1969, 2 Ca 1160/68)
- krankheitsbedingte Fehlzeiten – es sei denn, sie machen etwa die Hälfte der gesamten Beschäftigungszeit aus (Sächsisches LAG 30.01.1996, 5 Sa 996/95)
- außerdienstliches Verhalten, es sei denn das dienstliche Verhalten wird dadurch beeinflusst (LAG Hamm, 27.02.1997, 4 Sa 1691/96)
- der bloße Verdacht auf strafbare Handlungen (LAG Hamm 27.02.1997, 4 Sa 1691/9 sowie ArbG Frankfurt/M., 24.05.2002, 4 Ca 7902/0)
- strafbare Handlungen, sofern sie das Arbeitsverhältnis nicht berühren (ArbG Düsseldorf, 15.12.2003, 7 Ca 9224/03 – im andern Fall sind sie allerdings ausdrücklich zu erwähnen: BGH 22.09.1970, VI ZR 193/69)
- Erwähnung einer Schwangerschaft (§ 5, Abs. 1, Mutterschutzgesetz)
- Elternzeit, es sei denn es ergibt sich dadurch eine „erhebliche“ Unterbrechung der Beschäftigung (BAG 10.05.2005, 9 AZR 261/04)
Weitere Tatsachen, die laut Ratgeberliteratur nicht erwähnt werden dürfen:
- Privatangelegenheiten wie Parteimitgliedschaft, Religionszugehörigkeit, Sexualleben, Vermögensverhältnisse, Nebentätigkeit (= außerdienstliches Verhalten)
- Abmahnungen
- Führerscheinverlust
- Gehaltsangaben
- Schwerbehinderteneigenschaft
- Streikteilnahme