Ablauf eines Vorstellungsgesprächs
Für gewöhnlich laufen Vorstellungsgespräche nach einem erkennbaren, wiederkehrenden Schema ab. Das macht es nicht nur dem Interviewer, sondern auch dem Bewerber leichter: das Gespräch wird zumindest in Grenzen vorhersehbar und Fragen müssen, bei entsprechender Vorbereitung, nicht völlig aus dem Kalten beantwortet werden. Hinsichtlich der Etikette gibt es in jeder Phase ein paar Besonderheiten zu beachten.
1. Empfang und Begrüßung (~ 2 min)
Vor der Begrüßung
Machen Sie sich klar, dass Ihre Vorstellung schon beginnt, bevor Sie von einem Personalverantwortlichen begrüßt werden. Deshalb:
- Seien Sie pünktlich – das heißt, nicht auf die Minute, sondern 15 Minuten vor dem eigentlichen Gesprächstermin.
- Falls Sie absehen, dass Sie sich verspäten, melden Sie Ihre Verspätung telefonisch an – nennen Sie den Grund für Ihre Verspätung und die ungefähre neue Ankunftszeit – vor Ort entschuldigen Sie die Verspätung.
- Grüßen Sie freundlich, wenn Sie durchs Haus gehen – auch dann wenn es sich “nur” um den Pförtner, den Hausmeister oder die Putzkraft handelt.
- Auch in der Wartephase stehen Sie möglichweise unter Beobachtung: allzu bequemes Sitzen, Gähnen oder Spielereien auf dem Smartphone könnten Ihnen zum Nachteil ausgelegt werden.
- Jüngere Bewerber lassen sich bitte nicht von Mutti oder Vati zur Tür hereingeleiten – andernfalls steht schon das erste Fragezeichen hinter Ihrer Selbstständigkeit.
Begrüßung
Die Begrüßung selbst ist ein kurzes, aber entscheidendes Ritual. Wer die Sprache der Begrüßung richtig beherrscht, zeigt gute Manieren, wer “danebenlangt”, verleiht seinem ersten Eindruck bereits einen negativen Anstrich.
- Stehen Sie auf, wenn Sie begrüßt werden, halten Sie Blickkontakt und lächeln Sie.
- Warten Sie bis Ihnen die Hand gereicht wird, ehe Sie selbst die Hand reichen.
- Erwidern Sie den Händedruck, ohne zu kraftvoll zuzupacken – wenn Sie jemandem einen “toten Fisch” in die Hand legen, könnte dies bereits als Mangel an Selbstvertrauen gewertet werden.
- Sprechen Sie parallel dazu die Grußformel: nennen Sie Ihren vollständigen Namen, grüßen Sie und bedanken Sie sich für die Einladung. Die namentliche Ansprache des Gesprächspartners, geschieht nicht nur aus Höflichkeit, sondern empfiehlt sich auch zum Einprägen eines bereits genannten Namens.
“Max Muster, guten Tag Herr/ Frau ... Vielen Dank für die Einladung.”
- Wenn Sie nicht gerade gebeten werden vorzugehen, gehen Sie rechts der Person, die Sie in den Gesprächsraum geleitet, und bleiben Sie ungefähr eine Schrittlänge dahinter
- Wenn Sie von mehreren Personen begrüßt werden, müssen Sie die Grußformel nicht vollständig wiederholen – ein Kopfnicken genügt, allenfalls wiederholen Sie Ihren Namen dort, wo Sie vermuten, dass er nicht verstanden worden ist. Über die Begrüßungsreihenfolge sollten Sie sich keinen Kopf zerbrechen – grüßen Sie einfach die Personen zuerst, die am nächsten zu Ihnen stehen.
- Erwidern Sie Nettigkeiten:
Personaler: “Schön, dass Sie da sind.”
Bewerber: “Ja, ich freu’ mich, dass ich hier sein kann.”
- Ihren Platz nehmen Sie erst ein, nachdem Sie gebeten worden sind.
- Wenn man Ihnen etwas zu trinken, steht es Ihnen frei, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Äußern Sie aber bitte keine Sonderwünsche (“Einen Kakao mit Schokoladenstückchen und Sahne.”) und vergessen Sie anschließend nicht, tatsächlich etwas zu trinken – das wäre grob unhöflich. Ein Getränk ist für den Bewerber in zweierlei Hinsicht praktisch:
- wer zu Mundtrockenheit neigt, kann etwas “nachölen”
- wer vor einer schwierigen Frage steht, kann sich noch einen Schluck Bedenkzeit verschaffen
Small-Talk
Small-Talk zu betreiben, kann aus ganz unterschiedlichen Gründen von Vorteil sein:
- Small-Talk hat Eisbrecher-Funktion – er dient dazu, dass die Gesprächspartner warm miteinander werden
- Small-Talk ist ein gutes Mittel um, die eigene Nervosität in Griff zu kriegen
- Small-Talk ist ein Zeichen für kommunikative Kompetenz, die auch im Berufsalltag von Nutzen sein kann
Wenn Sie mit Small-Talk-Fragen konfrontiert werden, antworten Sie nicht einsilbig sondern in ganzen Sätzen. Falls es sich anbietet, können Sie auch eine erwähnenswerte Begebenheit schildern. Wichtig ist, dass der Einstieg positiv bleibt und Sie nicht ins Lamentieren geraten.
Personaler: “Hatten Sie eine gute Anreise?”
Bewerber: “Ja, kein Grund zur Klage, Danke der Nachfrage.”
Personaler: “Haben Sie gut hergefunden? ”
Bewerber: “Ja, ohne Probleme, ich hab ja im Aussendienst auch viel hier zu tun gehabt, von daher kenne ich mich in der Stadt ganz gut aus.”
Personaler: “Da haben Sie sich aber gutes Wetter ausgesucht?!”
Bewerber: “Ja, aber zum Glück, sprechen wir ja nicht draussen miteinander ;-).”
Natürlich können Sie als Bewerber Small-Talk auch selber anstoßen:
“Ziemlich imposantes Gebäude – wie alt ist denn das Haus?”
“In Ihrem Parkhaus kann man sich aber auch verlaufen ;-)”
“Ein Aquarium im Empfangsraum sieht man auch nicht alle Tage.”
Kleidung
- Kopfbedeckungen gehören abgesetzt, wenn Sie ein Gebäude betreten.
- Bevor Sie sich setzen, legen Sie Ihre Jacke ab – vorzugsweise an der Garderobe, oder – in Ermangelung einer solchen – über der Stuhllehne.
- (Hand-)Taschen bleiben am Mann/ an der Frau, werden über die Stuhllehne gehängt oder neben den Stuhl gestellt, keinesfalls jedoch auf dem Tisch oder auf der Sitzfläche eines noch freien Stuhls.
- Ein Jackett wird vor dem Hinsetzen geöffnet und nach dem Aufstehen geschlossen. Das Ablegen des Jacketts, sollten Sie sich, wenn überhaupt, nur auf Nachfrage erlauben.
Geschäftskleidung richtig tragen
2. Unternehmensvorstellung (~ 5 min)
Die Unternehmensvorstellung geht einer Selbstvorstellung oft voraus – die Reihenfolge kann aber gelegentlich variieren. In dieser Phase stellen die Interviewer sich und das Unternehmen vor und liefern Hintergrundinfos zur ausgeschriebenen Stelle, z. B. über Branche, Zielgruppen, Produktsparten, Marktposition, Stellenkonditionen oder Arbeitgeberleistungen. Vielleicht dürfen Sie sogar an einer Hausführung teilnehmen. Das ist wohlgemerkt die Luxusvariante. Wenn Sie Pech haben, werden Sie gleich zu Beginn mit der Frage konfroniert, was Sie selbst über das Unternehmen wissen. Informieren Sie sich also gut und erwarten Sie nicht, dass Sie alles Wissenswerte auf dem Silbertablett serviert bekommen.
Infophase Vorstellungsgespräch
Auch wenn die Unternehmensvorstellung einem Monolog gleichkommt – bitte begnügen Sie sich nicht damit, die starre Zuhörerrolle einzunehmen. Das Mindeste, was Sie tun können, ist, die Gesprächstechnik des aktiven Zuhörens zu praktizieren:
- halten Sie Blickkontakt zum Sprechenden, ohne dauerhaft zu starren
- geben Sie Signale des Verstehens, indem Sie nicken oder Bestätigungslaute äußern (“mmh”, “ja”)
- halten Sie Stift und Zettel bereit und notieren Sie sich neue Informationen oder aufkommende Fragen
- scheuen Sie sich nicht, schon hier Fragen aus Ihrem Fragenpool loszuwerden, wenn es sich thematisch anbietet – Fragen zu den Konditionen der Stelle sollten Sie sich allerdings für den Schluss aufheben, sonst erwecken Sie den Eindruck, dass Ihr Interesse an der Tätigkeit im Hintergrund steht
3. Selbstpräsentation (~ 5 min)
Im jedem Gespräch müssen Sie mit der Aufforderung rechnen, etwas über sich zu erzählen. Bitte gehen Sie nicht davon aus, dass man Ihren Lebenslauf auswendig kennt oder dass man Ihre Eignung anhand von Fragestellungen ergründet. Sie haben sich beworben und jetzt werben Sie!
Rüsten Sie sich für diesen Moment mit einer Bewerberstory. Sie ist das Kernstück Ihrer Gesprächs-Performance und sollte sorgfältig vorbereitet sein – sowohl inhaltlich als auch rhetorisch. Wer noch eins oben drauf setzen will, reichert seine Bewerberstory mit visuellem Material an – achten Sie aber darauf, keine Firmeninterna preiszugeben.
Für den Fall, dass sich Beisitzer oder Co-Interviewer am Gespräch beteiligen, sollten Sie darauf achten, nicht personenfixiert zu sprechen, sondern alle Anwesenden mit einem Rundumblick zu würdigen.
4. Rückfragen Unternehmen (~ 10 min)
Die Rückfrage-Phase ist von der Selbstvorstellungs-Phase nicht scharf zu trennen. Schon die Bewerberstory kann den Interviewer veranlassen, unvermittelt Fragen einzuwerfen.
Neben den typischen Interviewfragen, mit denen jeder Bewerber rechnen muss, sollten Sie sich im Vorfeld auf mögliche kritische Fragen vorbereiten. Nehmen Sie den Perspektivwechsel ein, fragen Sie sich welche “Fragwürdigkeiten” Ihr Lebenslauf / Ihre Bewerberstory aufwirft und legen Sie sich Antworten zurecht, damit Sie im Gespräch nicht in Verlegenheit geraten.
Um Ihre Souveränität auf die Probe zu stellen, werden Sie unter Umständen auch mit Stressfragen konfrontiert. Behalten Sie die Fassung und bemühen Sie sich um Antworten – wenn Sie blocken oder vorwurfsvoll reagieren, vermindern Sie Ihre Chancen. Denken Sie auch daran, dass es Tabufragen gibt, die Sie nicht wahrheitsgemäß beantworten müssen.
Die Gehaltsfrage wird meist ganz zum Schluss auf den Tisch gebracht. Ihre Gehaltsvorstellung wird man entweder kommentarlos zur Kenntnis nehmen oder man wird versuchen, Sie herunterzuhandeln. Nehmen Sie die Argumente aus der Gehaltsanalyse mit ins Gespräch, um Ihren Gehaltsanspruch zu parieren.
5. Bewerberfragen (~ 10 min)
Zum Ende des Gesprächs wird dem Bewerber die Möglichkeit eingeräumt, selbst Fragen zu stellen. Stellen Sie sich dazu einen auf die Stelle/ das Unternehmen abgestimmten Fragenkatalog zusammen. Wer gar keine Fragen vorbringt, gibt nur zu verstehen, dass kein tieferes Interesse für die Stelle besteht.
Notieren Sie die Antworten ruhig stichpunktartig mit – schließlich wollen Sie hinterher noch wissen, was Sie besprochen haben. Trotzdem sollten Sie versuchen, einige Fragen schon während des Gesprächsverlaufs los zu werden – die Abarbeitung langer Fragelisten erhält sonst einen unangenehm bürokratischen Beigeschmack.
6. Fazit (~ 3 min)
Nachdem alle Fragen beantwortet sind, bleibt zu klären übrig, wie beide Seiten miteinander verbleiben. Eine sofortige Zu- oder Absage durch das Unternehmen bildet eher die Ausnahme – für gewöhnlich wird die Entscheidung mit einem “Wir melden uns dann bei Ihnen” vertagt. Wie viel Zeit bis dahin vergeht, ist von verschiedenen Faktoren abhängig, z. B. vom Bewerberaufkommen, von der Unternehmensgröße, Feiertagen etc. Ein Richtwert sind zwei bis sechs Wochen – fragen Sie aber lieber noch mal nach, in welchem Zeitraum, Sie mit einer Entscheidung rechnen können – allen voran, um Nachfassaktionen terminlich planen zu können.
Geben Sie sich auch selbst etwas Bedenkzeit und lassen Sie sich nicht dazu hinreißen, unmittelbare Zusagen zu machen oder gar Verträge zu unterzeichnen. Jeder seriöse Arbeitgeber wird Verständnis dafür aufbringen, wenn Sie noch mal ein paar Tage über Ihre Entscheidung schlafen möchten.
Wenn Sie Glück haben, erhalten Sie vom Interviewer noch ein Feedback zu Ihren Bewerbungsunterlagen und/ oder zum Gespräch. Bedanken Sie sich in jedem Fall dafür, auch wenn es negativ ausfällt – immerhin erfahren Sie so, woran Sie noch arbeiten können. Natürlich dürfen Sie auch selbst Feedback geben, z. B. zur Gesprächsführung, zur Organisation, zum Empfang, zur Stellenanzeige … Denken Sie aber stets daran, Ihre Rückmeldung sachlich und vorwurfsfrei zu formulieren.
7. Verabschiedung (~ 2 min)
Die Verabschiedung läuft ähnlich ritualisiert ab wie die Begrüßung. Erst wenn sich der Personaler erhebt, steht auch der Bewerber auf. Wer ein Jackett trägt, sollte darauf achten, dieses wieder zu schließen. Die Verabschiedung geschieht per Handschlag und wird von einigen Dankesworten begleitet. Danksagungen sollten Sie generell erwidern und mit einem Wunsch verbinden, z. B.
Personaler: “Herr Muster, wir bedanken uns bei Ihnen und melden uns sicherlich innerhalb der nächsten zwei Wochen.”
Bewerber: “Vielen Dank meinerseits für das Gespräch und die Erfrischung. Hat mich gefreut. Ich wünschen Ihnen einen angenehmen Arbeitstag. Auf Wiedersehen.”
Möglicherweise bekommen Sie noch Visitenkarten oder Informationsbroschüren ausgehändigt. Sie selbst zücken bitte keine Visitenkarte – das wäre unsinnig, denn Ihre Kontaktdaten sind dem Arbeitgeber ja durch die Bewerbung bekannt.
Warten Sie, bis Sie zum Ausgang geleitet werden. Der Weg dorthin gibt wieder Gelegenheit für etwas Small-Talk:
- Personaler: “Für Sie geht’s direkt wieder nach Hause?”,
- Personaler: “Wie lange brauchen Sie bis Sie wieder zu Hause sind?”
- Bewerber: “Haben Sie heute noch einen Bewerber zum Gespräch?”
- Bewerber: “Kann man hier um die Ecke eine Kleinigkeit essen?”
- Bewerber: “Wissen Sie, wie ich am günstigsten zum Bahnhof komme?”